Lieber Rocky!
Ich erinnere mich noch genau an den Tag, als Du ins Tierheim kamst. Damals warst Du noch ein verspielter Welpe und voller Lebensfreude.
Dein Herrchen hatte Dich herzlos ausgesetzt gehabt, aber zuvor hatte er Dich für den Rest Deines Lebens markiert, indem er Dir Deine Ohren abschnitt, mit einem Messer, das Jäger mit sich herumtragen.
Allem zum Trotz oder gerade wegen des Fehlen Deiner Ohren, sagten alle Helfer, als Du ins Tierheim kamst, dass Du der hübscheste und fröhlichste Galgo der Welt seist. Und sagten auch, dass Du schon bald eine Familie finden würdest, die Dich lieb haben wird. Sogar ich glaubte, dass das wahr werden wird; erinnere mich daran, dass jeder, der Dich kennenlernte, sich in Dich verliebte.
Weisst Du, Rocky? Über mich sagten sie das Gleiche, als ich ins Tierheim kam, waren begeistert von meinem lieben Wesen und meiner hübschen Erscheinung.....drei ganze Jahre bevor Du ins Tierheim kamst.
Aber es verging die Zeit, heisse Sommer auf kalte Winter folgten und obwohl viele Besucher von mir schwärmten, bei keinem reichte es, mir ein Zuhause zu schenken. Wenn man mich ansah hörte ich immer wieder: "Zu gross für eine Wohnung."
Ich ging über die Regenbogenbrücke, ohne jemals die Wärme einer liebevollen Familie kennengelernt zu haben.
Dennoch will ich mich nicht beklagen. Zumindest erfuhr ich die Zuneigung von den betreuenden Händen der Menschen im Tierheim, die sich Volontärinnen nennen.
Wie Du weisst, lieber Rocky, mein Leben wurde durch die Filarien beendet. Mein geschwächter Körper ertrug die Behandlung nicht mehr. Aber ich fühlte mich nicht alleine gelassen, sondern geliebt, bis zu meinem letzten Atemzug.
Rocky, ich weiss nur zu gut, wieviel Leid Dir der Mensch zugefügt hat. Wie verloren Du Dich fühltest, als Du ausgesetzt wurdest, Deinem Schicksal überlassen. Das Unverstehen, dass Du jedesmal spürtest, wenn man Dich mit Stöcken und Steinen fortjagte, wo immer Du auch nach Schutz und Nahrung suchtest.
Ich weiss von der Kälte, dem Hunger und Durst den Du erleiden musstest. Voller Ungeziefer in und auf Deinem jungen Körper, streuntest Du über Strassen und Felder, um was zu erhaschen....
Die schlaflosen Nächte, in denen Du Dich vor allem fürchtestes, die endlos langen Tage an denen Du nichts fandest, was Du Dir hättest schmecken lassen können, oft konntest Du Dich kaum noch auf Deinen Beinen halten.
Die heissen Tage mit über 40 Grad, ohne einen Schatten zu finden, wo Du Dich abkühlen konntest. Aber vor allem, diese schreckliche Enttäuschung, die Du erleben musstest, als Du nach Deinem Herrchen suchtest und Du vergebens hoffte, dass er Dir zur Hilfe käme, der Dich diesen Qualen aussetzte, der dem Du alles gegeben hättest, sogar Dein Leben.
Oh, lieber Rocky, ich habe alles das erlebt und erlitten, weiss wie schmerzhaft und unverständlich das ist.
Von wo ich jetzt bin, lieber Rocky, sieht man alles klarer. Mir scheint, dass viele Menschen noch nicht entwickelt sind, sie sind noch auf dem Weg....ihr fehlendes Mitgefühl ignoriert fremdes Leid. Ich sehe viel Ignoranz und schlechte Erziehung bei den Menschen. Unwissenheit macht sie zu kalten, harten Menschen.
Trotz allem, erlaube nicht, dass Dir die Grausamkeit einiger, den Samen des Hasses in Dein Herz sät. Denn was ich auch von hier aus sehe ist, dass die meisten Menschen längst erkannt haben, dass Tiere fühlen und leiden. Und viele sind um unser Wohlergehen besorgt.
Rocky, mein Freund, die Zeiten sind dabei sich zu ändern. Und ich ahne, Du wirst mehr Glück haben als ich es hatte.
Es gibt immer mehr Menschen, die von den unglaublichen Vorteilen wissen mit einem Tier zu leben: weniger Stress, bessere soziale Beziehungen, mehr Kontakt mit der Natur, tägliche Bewegung, weniger Einsamkeit, bessere Laune.
Rocky, Dein einmalig gutes Wesen macht Dich zum perfekten Begleiter für Kinder oder jugendliche Authisten, sofern sie keine Angst vor Hunden eingeflösst bekommen haben, klar... Deine Gegenwart würde ihnen helfen sich sicherer zu fühlen. Du könntest ein wunderbarer Therapeut sein.
Viel Glück, lieber Rocky, mein Freund! Verliere nie die Hoffnung!
   Eine Umarmung für Dich, von der anderen Seite des Regenbogens, Dein Mingo.